Anschauungspapitel: 1. „Jesus beruft den Fischer Simon ‚Petrus’ zum Menschenfischer“
(Markus 1,14-18)

 
Bibeltext: Mk 1,14-18: Nachdem aber Johannes gefangengesetzt war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeige-kommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium! Als er aber am Galiläischen Meer (= See Genezareth) entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: „Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!“ Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.

1.
Jesus beruft den Fischer Simon „Petrus“
zum Menschenfischer
(Markus 1,14-18)
Uns ist er bekannt unter dem Namen „Petrus“. Aber das war nicht der Rufname, den er bei seiner Geburt erhalten hatte. Jesus war es, der ihm den Namen „Petrus“ gab, was „Felsen“ bedeutet. „Simon der Fels“ – so lautet sein Jüngername. Wir sind es gewohnt, ihn einfach „Petrus“ zu nennen. Hören wir, wie seine Geschichte mit Jesus von Nazareth in Kapernaum begann:

Synagoge in Kapernaum Ruinen einer alten Synagoge von Kapernaum

„Beeil dich!“ rief Simon seinem Bruder Andreas zu. Andreas ruderte etwas schneller. „So, das reicht, wir sind weit genug vom Ufer entfernt. Und jetzt an die Arbeit!“ Simon und Andreas packten beide zu, um das schwere Netz über die Bordwand in den See Genezareth gleiten zu lassen. „Vielleicht machen wir heute einen besonders guten Fang“, meinte Andreas, „unsere Kasse würde sich freuen!“ „Vielleicht“, erwiderte Simon wortkarg. Er war heute nicht sehr zum Sprechen aufgelegt. „He, sieh mal, wer da kommt!“ Andreas stieß Petrus mit dem Arm in die Seite und zeigte ans Ufer. „Ist das nicht der Prediger aus Nazareth, der gestern in der Synagoge so zündend vom Reich Gottes gesprochen hatte?“ „Ja“, sagte Petrus, „er ist es.“ „Du, schau mal, er winkt. Was will er? Der meint ja uns“, wunderte sich Andreas, „eindeutig, er winkt uns zu sich!“ „Los, ziehen wir das Netz wieder ein. Mal sehen, was der will“, sagte Petrus, und schon hievten beide das schwere Netz wieder an Bord. „Moment!“ schrie Petrus, „wir sind gleich da!“ Andreas ruderte mit kräftigen Zügen.
Während der kurzen Fahrt zum Ufer überlegten beide still für sich, was wohl der Prediger aus Nazareth von ihnen wollte. Sie mussten an den gestrigen Abend denken. „Die Zeit ist reif. Das Reich Gottes ist da. Kehrt um, stellt euch darauf ein, glaubt an diese frohe Botschaft!“: das war, kurz gesagt, der Sinn der Predigt des Mannes aus Nazareth. Gottes Herrschaft angebrochen – wie schön, wenn das wahr wäre! Mit Begeisterung hatten viele Leute aus Kapernaum diese Predigt gehört. Gottes Reich ganz nahe: Bedeutete das nicht das Ende der heidnischen römischen Fremdherrschaft, die Gottes Volk, die Juden, unterdrückte? Bedeutete das nicht das Ende von Angst und Zweifeln? Würden die Menschen jetzt endlich Gott schauen dürfen, den Gott, der ihnen oft so verborgen und manchmal auch so unverständlich und fremd vorkam?
Auch Andreas und Simon waren von dem fremden Prediger sehr angetan. Er hatte so faszinierend und glaubwürdig gesprochen. Sie hatten beide das Gefühl: Dieser Mann ist etwas Besonderes, auch wenn sie es nicht erklären konnten. Woher wusste er, dass das Reich Gottes ganz nahe ist? War er ein neuer, von Gott gesandter Prophet?
Sand scheuerte unter dem Boot. Sie waren am Ufer angelangt. Petrus und Andreas stiegen aus und grüßten scheu den fremden Prediger. Der lächelte sie an, wies auf das nasse Netz und sagte: „Ihr Fischer, kommt zu mir. Geht mit mir mit. Ihr sollt mich auf meinen Wegen durch das Land begleiten. Ich will euch von Gott und seinem Reich erzählen. Und ihr sollt mir dabei helfen, die frohe Botschaft von der Nähe des Reiches Gottes allen Menschen zu verkündigen. Ihr seid Fischer. Das habt ihr gelernt. Ihr sollt Fischer bleiben, doch so, wie ich es euch lehre. Ich will euch zu Menschenfischern machen!“
„Donnerwetter!“ Simon Petrus und Andreas blieb die Luft weg. Alles hatten sie erwartet, nur das nicht. Was sollten sie tun? Die Netze und das Boot und ihre Familien zurücklassen und mit diesem Wanderprediger mitgehen – wer weiß, wohin? „Das kommt ein bisschen sehr plötzlich“, dachten sie. Und dann schauten sie ihn an, diesen Jesus aus Nazareth, wie er sie einladend anlächelte. Ein Blick liebevoller Wärme! „Warum kommt er gerade zu uns? Es gibt doch genügend andere Leute hier“, fuhr es ihnen durch den Kopf. Simon und Andreas schauten einander an. Sollten sie sich darauf einlassen? Petrus nickte Andreas zu, Andreas dem Petrus. Von Gott und seinem Reich wollten sie gerne viel mehr hören. Und dieser Wanderprediger hatte es ihnen angetan.
„Ist gut“, rang sich Simon schließlich zu einer Antwort durch, „ist gut, ich gehe mit dir." „Ich auch“, sagte Andreas. Er hatte bislang alles mit seinem Bruder gemeinsam gemacht. Warum sollten sie nicht auch dieses Abenteuer gemeinsam bestehen? Jesus umarmte die beiden Fischer, die es wagten, mit ihm zu gehen, um seine Jünger zu werden. „Was dabei wohl herauskommt?“ dachten Simon und Andreas, als sie sich mit Jesus auf den Weg machten.

 

Pfarrer Dr. Hermann Mahnke, Dietrich-Bonhoeffer-Str. 2, 37574 EINBECK; Tel. 05561-3135631;
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