4. „Auferstehung der Toten und das ewige Leben“
 
a) Die Auferstehung der Toten
Am Ende jeden Lebens steht der Tod: Es gibt ein hartes Sprichwort: „Nichts im Leben ist sicherer als der Tod.“ Die folgende Geschichte schildert uns die Unent- rinnbarkeit vor dem Tod sehr eindrücklich:
„Es geschah an einem Tage, als sich der Sultan gerade in seinem Palast aufhielt. Da eilte ein junger Mann – der älteste Sohn des Sultans – zu seinem Vater und rief außer Atem: ‘Bitte, Vater, leihe mir dein schnellstes Pferd! Ich muss so schnell wie möglich nach Bagdad fliehen.’ Der Sultan fragte besorgt: ‘Was bringt dich denn so aus der Fassung, mein Sohn?’ Da antwortete der junge Mann ganz aufgeregt: ‘Ich bin eben durch den Palastgarten geschlendert. Da sah ich unter der dicken Palme den Tod stehen. Er erhob seine Hand, als ob er nach mir greifen wollte. Ich muss dringend weg von hier, um ihm zu entfliehen!’ Der Sultan rief einen seiner Diener herbei und ordnete an, dass sein schnellstes Pferd sofort gesattelt und seinem Sohn zur Verfügung gestellt würde. Dann begab er sich in den Palastgarten. Er fand den Tod noch unter der dicken Palme stehen, wie es der Sohn beschrieben hatte. Der Sultan ergrimmte und fuhr den Tod an: ‘Was fällt dir ein, deine knöchernen Hände nach meinem Sohn auszustrecken und ihm Todesangst einzujagen?’ ‘Sultan’, erwiderte der Tod mit ruhiger Stimme, ‘was erregt ihr euch? Ich habe euren Sohn nicht erschrecken wollen. Ich habe nur voller Erstaunen meine Arme hochgehoben, weil ich euren Sohn nicht in diesem Palast vermutete. Bin ich doch heute abend mit ihm in Bagdad verabredet!’“
Menschen verdrängen die Tatsache, dass sie sterben müssen: Vielleicht ist uns schon aufgefallen, dass im öffentlichen Leben, im Betrieb, in unseren Familien oder auch in unserem Freundeskreis fast nie über die Themen „Tod“ und „Sterben“ gesprochen wird. Nur wenn ein uns nahestehender Angehöriger oder ein Freund stirbt, setzen wir uns mit diesen Themen auseinander. Vielleicht auch dann, wenn jemand aus unserem Bekanntenkreis einen schweren Unfall erleidet. Oder der Arzt teilt uns mit, dass wir selber todkrank sind oder dass ein naher Verwandter sterben muss. Dann denken wir an den Tod. Sonst eher selten oder nie. Das „Totschweigen“ des Themas „Tod“ nennt man auch „Verdrängung“. Viele Menschen verdrängen den Gedanken an den Tod, weil er ihnen Angst macht. Niemand stirbt ja gerne. Und was ist nach dem Tode?
Christen können dem Gedanken an Sterben und Tod standhalten, weil sie eine lebendige Hoffnung haben: Christen haben es nicht nötig, den Gedanken an den Tod – auch den Gedanken an ihr eigenes Sterben – zu verdrängen. Denn Christen glauben an Gott. Sie erfahren Gottes Gemeinschaft in ihrem Leben. Sie hören auf Gottes Wort, das ihnen Halt und Kraft für ihr Leben gibt. Und sie erfahren Gottes Nähe im Gebet. So haben wir Christen Kontakt mit dem lebendigen Gott, dessen Macht unbegrenzt ist. Wir vertrauen darauf, dass Gottes Macht da nicht aufhört, wo der Tod beginnt. Gott ist mächtiger als der Tod, nicht umgekehrt. Er „macht die Toten lebendig und ruft das, was nicht ist, dass es sei“ (Röm 4,17).
Gott hat seine todesüberwindende Macht dadurch erwiesen, dass er Christus von den Toten auferweckte. Er hat seiner Menschheit und uns Christen damit ein Zeichen der Hoffnung geschenkt: So wie Gott Christus von den Toten auferweckt hat, so wird er auch uns zu neuem Leben in seiner ewigen Gemeinschaft auferwecken (1. Petr 1,3.21). Der Apostel Paulus schreibt im 1. Korintherbrief: Gott hat Christus von den Toten auferweckt als „Ersten der Entschlafenen“ (1. Kor 15,20). Diesem „Ersten“ werden nach Jesu Versprechen die Menschen nachfolgen, die Christus in diesem irdischen Leben vertrauten: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25). Wenn wir darauf vertrauen, brauchen wir vor dem Tod und vor dem, was danach kommt, keine Angst zu haben. Der Tod ist die Tür zur ewigen Gemeinschaft mit Gott und Christus.
Es kommt darauf an, dass wir alles, was in unseren Kräften steht, dafür tun, den Kontakt zu Gott und Christus aufrecht zu halten (Phil 2,12–13), dass wir also auf Gottes Wort hören und mit Gott sprechen. Dann werden wir unser Leben in Gottes verborgener Nähe führen. Dann werden wir dem Gedanken an den Tod und unser eigenes Sterben nicht ausweichen, sondern uns damit auseinandersetzen können, weil wir eine Hoffnung über den Tod hinaus haben. Im Glauben schenkt Gott uns die Zuversicht, dass seine Liebe zu uns nicht zu Ende ist, wenn wir sterben. Wir vertrauen darauf, dass Gott seine schöpferische Allmacht dazu einsetzen wird, uns in einer neuen Welt die Gemeinschaft mit ihm neu erleben zu lassen.
 
b) Das ewige Leben
Unser irdisches Leben ist von Krankheit, Leiden und Tod überschattet. Es ist also der Vergänglichkeit unterworfen. Die Bibel sagt, dass Gott die Vergänglichkeit überwinden und einmal eine neue Welt schaffen will. Die „alte Schöpfung“ wird dann einer „neuen Schöpfung“ weichen. Gott verspricht: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb 21,5). Die „neue Schöpfung“ – wir können dafür auch „Reich Gottes“ oder „ewiges Leben“ sagen – diese „neue Schöpfung“ ist das heilvolle Ziel der Geschichte Gottes mit uns Menschen. Wir werden dann nicht mehr „glauben“, sondern wir dürfen Gott „schauen“ (2. Kor 5,7), „von Angesicht zu Angesicht“ (1. Kor 13,12). Wir werden Gottes Gemeinschaft dann direkt erfahren. Keine Zweifel werden uns mehr bedrängen. Tod, Leid und Krankheit, Bedrohung des Lebens durch Waffenarsenale oder Gifte aller Art, Hass und Ungerechtigkeit wird es dann nicht mehr geben.
Die Herrlichkeit dieses ewigen Lebens bei Gott wird in der Offenbarung des Johannes so angedeutet: „Vom Thron her hörte ich eine starke Stimme: ‘Jetzt wohnt Gott bei den Menschen! Er wird bei ihnen bleiben, und sie werden seine Völker sein. Gott selbst wird als ihr Gott bei ihnen sein. Er wird alle ihre Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben und keine Traurigkeit, keine Klage und keine Quälerei mehr. Was einmal war, ist für immer vorbei.’ Dann sagte der, der auf dem Thron saß: ‘Jetzt mache ich alles neu’“ (Offb 21,3–5 [Übersetzung „Gute Nachricht Bibel“]).
 
Wenn wir im Vaterunser „Dein Reich komme“ beten, dann bitten wir Gott darum, dass er die „alte Schöpfung“, in der wir jetzt leben, mit ihrer Vergänglichkeit und ihrem Leid überwindet. Dass er sich allen Menschen offenbart als der Herr dieser Welt, so dass wir ihn schauen können (1. Joh 3,2; Offb 22,3–4). Und dass er uns dann hineinnimmt in das ewige Leben in seiner direkten Gemeinschaft in seinem dann vollendeten Reich.

 

FRAGEN ZUM NACHDENKEN:
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Wir betrachten Todesanzeigen unserer Tageszeitung unter dem Gesichts- punkt: Welche Todesanzeigen legen Zeugnis von der christlichen Hoff- nung ab?
Versetzen wir uns in folgende Situation: Eine Arbeitskollegin (45 Jahre alt) – Ehefrau und Mutter von drei Kindern (11, 13 und 17 Jahre alt) – stirbt an Krebs. Wir nehmen uns vor, den trauernden Angehörigen einen tröstlichen Brief zu schreiben. – Welche Gedanken wird unser Brief enthalten?
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Menschen, die aus dem Glauben leben, pflegen in der Bibel zu lesen. Dabei entdecken sie einzelne biblische Worte, die ihnen besonders viel sagen („Lieblingssprüche“). Pfarrer(innen) fällt die Vorbereitung einer Beerdi- gungspredigt leichter, wenn sie über ein biblisches Wort sprechen können, das dem/der Verstorbenen zu Lebzeiten von Bedeutung gewesen ist. – Fällt uns (mir) ein Bibelwort ein, das bei unserer (meiner) Beerdigung Grundlage der Predigt sein könnte?

WEITERE WICHTIGE BIBELSTELLEN ZUM THEMA:
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Der Tod ist durch Gottes Allmacht begrenzt: Ps 16,10; 73,23–26; Röm 6,9; 8,31–39; 1. Kor 15,26.54–57; 2. Kor 1,9–10; 2. Tim 1,10; Hebr 11,19; Offb 1,18.
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Die Auferstehung Christi als Grund der christlichen Hoffnung wider den Tod: Joh 14,1–3; Apg 17,31; 26,23; Röm 10,9; 1. Kor 6,14; 15,20.22; 2. Kor 4,14; Kol 1,18; 1. Thess 4,14.
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Das „ewige“ Leben beginnt schon im „irdischen“ Leben: Joh 3,36; 5,24; 11,25–26; Röm 6,4–11; 2. Kor 5,17.
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Gottes Herrschaft wird in der Ewigkeit vollendete Wirklichkeit werden: 1. Kor 15,21–28; 1. Thess 4,13–18; 2. Petr 3,13.